news168 deutsch/japanisch

 
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 Zweiter Teil

 

 

news168 02Liebe JAIG Freundinnen und Freunde,

Das Wetter ist im Mai sehr erfrischend geworden. Wir bekommen von ueberall her Blumenbotschaften, die mein Herz erwaermen. Das Foto rechts zeigt eine violette Sauerkleebluete (Oxalis corymbose), die Frau Tokura (7K3EOP#542) mit viel Muehe gezuechtet hat.

In der letzten Ausgabe der JAIG News Nr. 167 haben wir den 100. Jahrestag des Beginns des Rundfunks zum Anlass genommen, anhand der Uebersetzung einer Sonderausgabe der Zeitschrift des Radiomuseums in Cham ins Japanische uebersetzt ueber ein einzigartiges, in Oesterreich-Deutschland entwickeltes Ingelen-Radio und die damalige Situation der Rundfunk-Sendebedingungen berichtet.
Dieses Mal moechten wir als Fortsetzung dieses Artikels einige der hervorragenden „Schaltungstechnologien“ eines interessanten oesterreichisch-deutschen Radioempfaengers aus damaliger Zeit uebersetzen und Euch mitteilen.
Mit der Entwicklung von Elektronenroehre laesst sich eine Verbesserung der Empfaengerleistung beobachten.

Mit freundlicher Genehmigung von Michael Heller, Direktor des Rundfunkmuseums und mit Zustimmung aller Autoren, werden wir es auch in dieser Sonderausgabe der JAIG News vorstellen.

Also, viel Spass beim Lesen der JAIG-News.

JAIG News Redaktion

 


 

Die Empfänger der Firma Ingelen in der Zeit von 1935 bis 1939

speziell die Typen „Cosmos“ und „Geographic“, aus technischer Sicht. Wobei hier die Reihenfolge der Vorstellungen rein den technischen Entwicklungen folgt.

Autor: Hans Michael Knoll

 

Teil 1: Die Schaltungstechnik

Betrachtet man heute, rein optisch, einen der vielen „Geographic“ Modelle, ist man fasziniert von der Skala als Weltkugel, auf der die Sender Europas mit Leuchtpunkten aufleuchten, sobald man ihre Frequenz anwählt.
Man kommt daher auch nicht umhin, in dessen Inneren einen Großsuper, heute „Weltempfänger“ zu vermuten.
Als Techniker informiert man sich üblicherweise am ersten Modell und danach über den Fortschritt der Technik im Innern der Nachfolgemodelle, die sich im Übrigen rein äußerlich, nicht wesentlich unterscheiden. Die Weltkugel dominiert stets in der Optik.

Modell 1
Das erste Modell mit der Weltkugel, das noch nicht den Namen „Geographic“ trug, war ein Modell von 1935.
Es war noch als Cosmos U (GW) und W bezeichnet. Das liest sich schon in Richtung Weltempfänger. Man kann sich damit quasi den Cosmos (laut Duden: die Welt als geordnetes Ganzes) erschließen.
Das Modell Cosmos W verwendete bei MW und LW ein zweikreisiges HF-Bandfilter, bei KW einen Einzelkreis, vor der Mischstufe mit der Röhre AK2. Im ZF-Teil die Röhre E 447 mit zwei unveränderlichen Bandfiltern mit einer Zwischenfrequenz von 128,5 kHz. Das NF-Teil und den Demodulatorpart übernahm die ABC 1, eine Triode mit zwei Diodenstrecken. Etwas antiquiert wurde die Endröhre E 443 H am Gitter 1 mit einem NF-Transformator angesteuert, der aber zum Erreichen einer tiefen Grenzfrequenz, auf der Primärseite stromlos betrieben wurde.
Als Abstimmhilfe war eine Art Schauzeichen / Schattenzeiger unterhalb der Weltkugel vorgesehen.

Modell 2
Als zweites interessantes Modell, sehe ich die Type Ingelen US 26 W an. Ein Spitzensuper hoher Güte mit den Bereichen KW, MW und LW. Der mit einer Röhre AF 3 vor der Mischstufe, die mit der Röhre AK 2 bestückt war, und die als eine im Gitter- und Anodenkreis abgestimmten HF-Vorstufe arbeitete.
Als Mischstufe wurde die AK 2 verwendet, während die ZF-Stufe wiederum mit einer Röhre AF 3 arbeitete. Diese wiederum wurde unterstützt von zwei Bandfiltern als Nahselektion. Dort kam eine aufwändige, stetig veränderbare Bandbreiteneinstellung zum Einsatz. Damit konnte der Benutzer die Wiedergabequalität und die Trennschärfe den jeweiligen Erfordernissen anpassen.
Als Demodulatorstufe diente hier eine Röhre AB 2, in einer Schaltung ohne Besonderheiten, außer, dass beide Diodenstrecken parallel geschaltet waren. Eine ABC 1 lag nicht im Signalweg, sondern arbeitete ausschließlich als AVR-Regelverstärker [1] und Gleichrichter. Von dort wurden mit 3 Regelkreisen, die zum Teil mit unterschiedlichen Zeitkonstanten dimensioniert waren, die drei HF-Stufen: Vorstufe, Mischstufe und ZF-Stufe in ihrer Verstärkung automatisch rückwärts geregelt (Schwundausgleich/Fadingregelung). Als NF-Vorstufe arbeitete eine AF 7, wobei der Lautstärkesteller ohne Klangbeeinflussung (Physiologie) ausgelegt war. An der Anode lag ein Serienkreis mit der Frequenz 9 kHz.
Als Endstufe war eine 9 Watt Pentode AL 1 vorgesehen, die mit einer Tonblende versehen war. Als Abstimmanzeige kam eine lineare Glimmröhre zum Einsatz.
Chronologisch gelangt man danach zur Type US 437 W mit der Endröhre AL 1, oder der Version mit einer AL 4.

[1] AVR = automatische Verstärkungsregelung

 

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Modell 3
Wie oben gesagt, man ist neugierig was danach kommt!
Völlig überrascht muss man erkennen, dass eine dritte Linie von Modellen mit der Weltkugelskala versehen wurde. Der 26 W war für den angesprochenen Kundenkreis „eine Nummer zu groß“. Somit machte man aus einem Spitzensuper ein Mittelklassemodell. Obwohl es schon vor oder zum 26 W das Modell Cosmos gab, welches mit einer Standard- Schaltungstechnik versehen war, fügte man eine dritte Linie hinzu.
Warum das?
Aus meiner 30 Jahre danach in der Industrie gemachten Berufserfahrung, komme ich zu dem Schluss, der Markt und der Vertrieb riefen nach einem, im Gegensatz zum 26 W, bezahlbaren Modell, aber auch noch unterhalb von Cosmos W. Auf jeden Fall war es dem Hersteller Ingelen wichtig das Feature der „Weltkugelskala“ bei diesem Typ zu verwenden.
Somit kommt man zum Modell US 437 als W- und GW-Modell.
Die Technik dazu war schon ein Jahr früher vorhanden, nämlich mit den beiden Modellen Ingelen Columbus mit den Röhren: AK 1, E 446, AB 1 und E 443 H, alle mit Europasockel, und vom Hersteller Philips, sowie dessen Nachfolger Ingelen
COLUMBUS 35/36 mit den Röhren: AK 2, AF 7, AB 2 und AL 1, alle mit dem neuen 8-poligen Außenkontakt-Sockel, ebenfalls aus dem Hause Philips. Die letztgenannte Schaltung des Columbus 35/36 fand man komplett wieder im Modell US 437 W. Das Modell US 437 W verwendete daher auch bei MW und LW ein zweikreisiges HF-Bandfilter, bei KW einen Einzelkreis, vor der Mischstufe mit der Röhre AK 2. Im ZF-Teil war die Röhre AF 7 mit zwei unveränderlichen Bandfiltern und ohne eine Abstimmanzeige.
Völlig überrascht musste ich feststellen, dass die ZF-Stufen der drei Typen in Reflexschaltung arbeiteten, die Stufe diente auch als NF-Vorstufe.
Auszug aus dem Schaltplan vom US437W, Bild 1, unten
Die sicher vorhandenen guten Empfangsergebnisse mit den Vorgängermodellen, sowie die nicht unerheblichen Kosten für die Fertigung der Weltkugelskala, erlaubten 1937 in der angepeilten mittleren Preisstufe eben keinen höheren Aufwand.
Ich kann nur die Preise der Modelle 1938/39, als 39W mit 338 RM und als 39 WA mit 365 RM nennen.
Ein qualitativ ähnliches Modell, der MINERRVA 395 steht mit nur 295 RM und ein 395U mit 318 RM im WDRG Katalog von 1938/39. Das sind 43 RM beim W-Modell und 47 RM, beim GW-Modell, Differenz von Ingelen zu MINERVA. Die Minerva-Geräte hatten eine besser anzeigende EM1 als magisches Auge, Ingelen verwendete die EFM11. Damals wie heute erweckt ein Ingelen Modell hohe Erwartungen beim Kunden und Sammler, zeigt doch die „Weltkugel“ auch ferne Länder an.
Insider nennen die Technik dieser frühen Modelle: „Standardware“ 

 

news168 04 Bild 1

  

Modell 4
Dem Motto meiner Reihenfolge entsprechend, kommt man zum Modell Ingelen US 537 W.
Dieses Modell wurde dann doch mit einigen technischen Erweiterungen ausgestattet. Auffällig war dabei der dritte Bedienknopf in der Front. Dahinter versteckte sich die Bandbreiteneinstellung des US 26 W. Damit diese optimal arbeiten konnte, war die ZF-Stufe, im Gegensatz zum 437 W, jetzt mit der geregelten AF 3 und ohne Reflexschaltung ausgestattet worden.
Auszug aus dem Schaltplan vom US 537 W, Bild 2

Das NF-Teil und die Demodulation übernahm eine Röhre ABC 1.
Auch die im US 26 W schon vorkommende 9 kHz-Sperre an deren Anode, sowie neu, im Signalweg vor der Endstufe eine Drosselspule, die mit ihrem mit der Frequenz zunehmendem Widerstand im oberen Hörbereich, bei gewählter großer ZF-Bandbreite, die dann erweiterte Höhenwiedergabe verbesserte (steile Höhenanhebung).
Der Lautstärkesteller und die Tonblende glichen denen im US 437. An der Endstufe ein schaltbarer Kondensator, der im Normalbetrieb die Höhenanhebung der Drossel zum Teil oder vollständig rückgängig machte. Außerdem konnte/wurde die Mischstufe in der Verstärkung bei Tonabnehmer auf „low“ umgeschaltet.

  news168 05Bild 2

  

Modell 5
Nach der Saison 1936/37, kam für 1937/38 die Type US 538 W ins Programm. Dieses Modell 538 W war teilweise mit einer völlig neuen Technik ausgestattet. Zudem erstmalig mit den Philips Miniwatt-Röhren der E-Serie (Diese war zu diesem Zeitpunkt in Deutschland nicht erhältlich).
Auszug aus dem Schaltplan vom US 538 W, Bild 3
Die Mischstufe mit der Type EK 2, war wie bei den Vorgängern der A- und C-Serie ausgelegt. Die ZF-Stufe mit der Type EF 5 war bei Ingelen neu konzipiert, glich aber weitgehend den Modellen im restlichen Europa. Die ZF-Selektion mit zwei zweikreisigen Bandfiltern, von denen das auf die Mischstufe (EK 2) folgende, mittels Seilzug in seiner Bandbreite und damit auch in der Selektion regelbar war.

news168 06Bild 3

 

Das folgende Diagramm, Bild 4, zeigt sehr genau wie sich Bandbreite und Kurvenform beim Verstellen, der Kopplung im Filter, ändern. Die darin genannten Verlustwinkel vom Filter 2 werden bei dessen zweiten Kreis, durch die eingebrachte Dämpfung der Diodengleichrichtung verursacht, der Kreis 4 wird dazu entsprechend dimensioniert.

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Typische Kurven und Formeln aus Valvo Bücherreihe über Elektronenröhren Band IV, Bild 4

Dieser oben schon erwähnte Seilzug, mit dem im Filter die Kopplung variiert wurde, war mit der Tonblende mechanisch gekoppelt. Damit wurde im ZF-Teil und im NF-Teil die Übertragungsbandbreite geändert. Diese Technik wurde im Radiobau bis in die Jahre um 1960 generell so eingesetzt. Die Tonblende lag jetzt neu an der Anode der NF-Vorstufe mit der Röhre EBC 3. Zur Aussiebung von HF-Resten verblieb noch ein 300 cm-Kondensator in der Stellung breit/hell an der Anode der EBC 3 liegen.
In allen Stufen außer dem Netzgleichrichter, kamen wie oben gezeigt, die neuen Röhren der „roten Serie“ zum Einsatz, womit bei den Ingelen-Modellen die Bestückung mit der A- und C-Röhrenserie im Kleinsignalbereich auslief.
Der technische Fortschritt im Röhrenbau war in dieser Röhrenserie modern und außergewöhnlich hoch. Was war das alles?
z. B.: wesentlich geringere Baugröße als bei den Röhren der A- und C-Serie. Damit ging einher, dass die Nachteile einer Oktode, was die Laufzeit im System betraf, und damit den Entwickler vor echte Probleme stellte, mit dem erheblich kleineren Systemdurchmesser verbessert wurden. Wie ernsthaft diese Probleme waren, zeigte Philips selbst auf. Um im KW-Bereich noch Besseres bieten zu können, bot man eine Röhre EK 3 an, mit der noch mehr Qualität erreicht wurde, was die Funktion bei KW angeht.
Dazu kam sparsamer Heizungsbedarf, womit alle Typen sowohl in Autoradios, in Heimempfängern als Wechselstrommodelle und im Kleinsignalbereich damit auch in Gleichstrom- oder in Universaltypen „GW“ eingesetzt werden konnten. Alle Röhren hatten einheitliche Heizspannung von 6,3 Volt und einheitlichen Heizstrom von 0,2 Ampere. Damit konnten die E-Typen der roten Serie zusammen mit C-Typen in Gleichstrom- oder Universalmodellen „GW“ verwendet werden.

 

Die Modelle der Saison 1938/38:
39W und 39WA Modelle 5/6
Die Geräte des Jahres 1938 lassen erkennen, dass Telefunken jetzt die Leaderfunktion von Philips übernommen hatte. Sie waren jetzt durchgehend mit der „harmonischen Reihe “ der 11er Serie-Röhren im W-Modell, und gemischt mit E-11 sowie CL 4 und CY 1 im U (GW) Modell, von Telefunken bestückt. Diese Röhren wurden gemäß Kartellabsprachen in Deutschland auch von Valvo geliefert.
Statt einer Misch-Oktode kam jetzt eine Triode/Hexode zum Einsatz. Die Nachteile, wie Verstimmungen bei Fadingausgleich der Oktoden im KW-Bereich konnten jetzt weitgehend vermieden werden. Als echte Neuerung gab es beim Fadingausgleich, als Nebeneffekt durch die Verwendung der EFM 11, eine Vorwärts- und Rückwärtsregelung.
Hierzu eine Grafik aus dem Heft 02/2019 S. 84 „Rundfunk Museum“: Als Wiederholung das Prinzip der Ansteuerung der EFM 11, Bild 5

 news168 08Bild 5

 

Dort im Heft 02/19 wurde ausführlich das Thema Regelung behandelt. Die ZF-Bandbreitenregelung von Hand bei diesen Modellen wurde schon beim Modell 538 W erläutert. Die Schaltpläne der gängigen Marken zeigten die veränderliche ZF-Bandbreite erst gar nicht an.
Das Fabrikschaltbild „39 Allstrom“ welches vom Mitglied Michael Roggisch zur Verfügung gestellt wurde, belegte das jedoch deutlich (Seite 60).
Alle sonstigen Schaltungsteile bestanden weitgehend aus Standardtechnik, dass eine Erklärung eher langweilig werden würde. Alles bewegte sich im Mittelfeld, wie schon einmal gesagt, entsprach das Innere nicht dem Eindruck von außen.
Hierzu die Preise der Modelle 1938/39, der 39W mit 338.- RM und der 39WA mit 365.- RM.
Die jetzt neue Weltskala, bestimmte den Verkaufspreis. Ein qualitativ ähnliches Modell, der MINERVA 395 stand mit 295.- RM und ein 395U mit 318.- RM im WDRG Katalog von 1938/39. Das waren als Differenz 43.- RM beim W-Modell und 47.- RM beim GW, im Vergleich Ingelen zu MINERVA. Die Minerva Geräte hatten eine besser und empfindlicher anzeigende EM1 als die von Ingelen verwendete EFM 11.

Teil 2, Die Röhrentechnik

Die Röhrenphilosophie vor und nach 1938.
Zielvorgabe der Redaktion war eigentlich herauszustellen, womit waren die ersten Modelle ausgestattet? Mit der roten Serie von Philips-Miniwatt oder mit A-Röhren auch von Philips, von Tungsram oder auch von Telefunken.
Der Autor dieses Berichtes zählt nicht zu den Bewahrern der Röhrenhistorie, daher sollten die Fakten im Teil 2 als Reihenfolge der Röhrentypen gemäß seiner Überlegungen in den Schaltungen und nach den vorhandenen Belegen angesehen werden.
Das Modell Columbus von 1935 mit ZF/NF-Reflextechnik war mit den Röhren AK1, E446, AB1,
E443H, sicher mit Philips-Röhren, bestückt
Die ersten Modelle mit Weltskala im Zeitraum 1935/36 waren der Cosmos W und der Cosmos U (GW). Die W-Version bestückt mit: AK1, E447, ABC1, E443H und 1805. Teilweise schon mit AK1, AF3, ABC1. AL1 und AZ1. Die U-Version: CK1, CF3, CBC1, CL2 und CY1.
Das Modell Columbus von 1936 war mit den Typen: AK2, AF7, AB2, AL1 bestückt.
Diese sind bei Telefunken im Sept. 1934 angekündigt. Ebenfalls von Philips bzw. Valvo. Erschienen sind sie: die Type AK1 ab 1934, die Typen AK2, AF3 und AF7 ab 1935..

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 Das Modell US537W der Saison 1936/37 war wieder mit den Typen AK2, AF3, ABC1, AL4 und AZ1 bestückt.

 

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Im Modelljahr 1937/38 war dann das Modell Geographic 538W aktuell.
Es war komplett mit Röhren der „roten Serie“ versehen. Dort findet man EK2, EF5, EBC3, EL3, EM1 und AZ1. (Die Röhren der roten Serie gab es ab 1936)

 

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[2] 40 Jahre Valo, Sonderheft  

 

Die Type Columbus 38 W von 1938, war mit den Typen EK 2, EF 5, EBL 1, AZ 1 bestückt. Philips brachte 1937 als Erweiterungen der roten Serie die EBL 1 auf den Markt.
Nach der Eingliederung Österreichs ins Deutsche Reich im März 1938 wurde aus meiner Sicht Philips und eventuell auch TUNGSRAM bei Ingelen ausgebootet.
(Geschichtliches zu TUNGSRAM finden Sie im Heft 3/2018 dieser Zeitschrift als Leitartikel)
Ein Ableger von Telefunken in Wien war bis 1938 eine von Siemens geleitete Marketing-Abteilung, dann eine eigene Geschäftsstelle (Auflösung am 15. 11. 1948) und lieferte nun Modelle mit Röhren der roten Serie, alle mit Telefunken-Logo am Kolben. Diese Röhren waren Fremdfabrikate, welche
die Firma Telefunken mit dem eigenen Logo versehen hat.
(Bei Autor vorhanden, ein Telefunken Zeesen-Super 439 WA, mit EK 2, EF 9, EBC 3, EL 3, EM 1 und AZ 1, alle mit Telefunken Logo.)
Das Ingelen-Modell Geographic 39 A war im Kleinsignalteil nur noch mit den Stahlröhren der 11er Reihe bestückt: ECH 11, EBF 11, EFM 11, in der Endstufe und im Netzteil mit den C-Typen: CL 4 und CY 1. Das Modell 39 W, mit ECH 11, EBF 11, EFM 11, EL 11, AZ 11.
Alle Röhrenbilder: Wolfgang Bauer, Klosterneuburg

  

Teil 3, Überlagerungsempfänger

Was bringt eine Umsetzung der Empfangsfrequenz durch Überlagerung in eine Zwischenfrequenz an Trennschärfe?
Noch dazu, was bewirken verschiedene Zwischenfrequenzen im AM-Super?
Im Gegensatz zu heutigen Modellen, findet man bei den besprochenen Ingelen Typen bis einschließlich 1939, eine Zwischenfrequenz von 128 kHz (128,5 kHz).
Vorweg gesagt: warum hat Ingelen eine ZF von 128 kHz (auch 128,5 kHz) gewählt?
Die Zunahme der Selektion erreicht, bei sonst gleichen Bedienungen, wie Kreisgüte oder Anzahl und Kopplung der Kreise, bei einer ZF von 128 kHz bessere Werte im Vergleich zu 468 kHz. Der Gewinn an Selektion beträgt: 7,03 % zu 1,92 % und ist somit um den Faktor 3,66-fach oder 11,27 dB besser als bei der höheren Frequenz.
Was ist steckt dahinter, das so zu machen?
Gehen wir einmal von den Gegebenheiten eines Geradausempfängers aus.
Dieser Gedankengang setzt aber voraus, dass man sich wirklich hineindenkt, sonst sollte man besser nicht weiterlesen.
Empfängt man mit einem Geradeaus Empfänger eine Station „A“ die von einer Station „B“ nicht gestört werden soll, wenn der Störer bezogen auf den Nutzsender „A“ um 9 kHz versetzt sendet, findet man je nach Senderfrequenz einen unterschiedlichen Abstand der beiden Sender in Prozenten ausgedrückt, im Raster von 9 kHz.
Hier als Beispiel ein einfacher Geradeausempfänger, Bild 6

 news168 12Bild 6

 

Beispielsweise am unteren Ende der Mittelwelle, wenn F-Nutz = 560 kHz und F-Stör = 569 kHz sind, beträgt die Abweichung voneinander 9 / 5,60 = 1,6 %. Am oberen Ende, bei F 2 = 1400 kHz zu 1409 kHz sind das 9 / 14 = 0,64 %. Das heißt: der Störer mit einem 9 kHz Abstand liegt um den Prozentwert versetzt auf der Flanke des Kreises. Je weiter der Störer in Prozenten von der Kreismitte entfernt liegt, umso mehr wird er unterdrückt. Damit dieser Wert verbessert werden kann, baute man früher 3-, 4- und 5-Kreis-Geradeausempfänger, bzw. baute bessere Schwingkreise oder eine Rückkopplung ein.
Hier ein Diagramm in dem gezeigt wird, wie die Bandbreite / Trennschärfe mit der Anzahl von Einzelkreisen, die durch Röhren getrennt arbeiten, zunimmt wie es bei Ein-, Zwei- oder Vierkreis-Geradeausmodellen der Fall ist.

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Bild gestellt von Prof. Dr. D. Rudolph, (Quelle aus Terman, USA)

 

Eine andere Lösung war der Überlagerungsempfänger (Superhet).
Setzt man die als Beispiele genannten Werte 560 kHz zu 569 kHz und 1400 kHz zu 1409 kHz, mit einem Überlagerungsempfänger (Superhet) auf eine frei wählbare Hilfs- oder Zwischenfrequenz um, bleibt prozentual der Abstand Nutz- zu Stör-Sender konstant, ganz gleich auf welche ZF-Frequenz
man die Empfangsfrequenz umsetzt. Liegt die Zwischenfrequenz näher bei null, also niedrig, sind die 9 kHz, als Abstand Nutz zu Stör, ein großer Wert in Prozenten.
Hier der Beweis: Bei einer ZF von 128 kHz hat jeder Nutzsender zum Nachbarsender einen Abstand von 9 kHz von 128 kHz oder 7,03 %. Bei einer ZF von 468 kHz beträgt der Abstand schon einiges weniger, jedoch findet man bei 468 kHz immer noch 1,92 %.
Wiederholung: Ohne Umsetzung (Geradeaus) waren das nur 1,6 % und 0,64 %.
Ich meine, das sind doch Fakten mit denen sich das langsame bzw. zögerliche Hochschieben der ZF-Frequenzen erklärt werden kann. Das auch nur im Zusammenhang mit der Qualitätssteigerung der Spulen durch den Einsatz von hochpermeablen Kernen bis hin zu Ferriten in der Neuzeit.
Hier eine Grafik, mit der die Unterschiede in der
Selektion bei beliebigen ZF-Frequenzen gezeigt werden:

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Diese Grafik hat unser Mitglied Prof. Dietmar Rudolph, als Ergebnis gemeinsamer Ideen, für mich erstellt.
Sie zeigt die Werte für zwei mögliche ZF–Frequenzbereiche von 60 bis 150 kHz und 300 bis 500 kHz(rot) und 1600 kHz (Einzelfall). Alle anderen Frequenzen (blau) sind der LW und MW vorbehalten
Was bei den Ingelen Modellen in den ZF-Bandfiltern steckt, kann ich leider weder zeigen noch erläutern. Vielleicht hat ein Leser Zugriff darauf und könnte die fehlenden Informationen in einem späteren Bericht in dieser Zeitschrift ergänzen?
Hinweis: In sämtlichen Schaltbildern sind die üblicherweise abgleichbaren Spulen nicht als solche gekennzeichnet. Auch die Abgleichpläne sprechen nur von den Trimmern im HF-Teil.
Als Techniker konnte ich mir zwar widerwillig vorstellen wie das ginge. Im Hinblick auf die Weltkugel und die notwendige Genauigkeit war mir das ein Rätsel, wie das gehen soll.

 

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Ganz zum Schluss der Arbeiten gelang mir ein Glücksgriff auf eine Firmenschrift die meine Bedenken ausräumte. Dieser Originaltext (Bild 8 rechts) aus einer Abgleichvorschrift der Fa. Ingelen, von Herrn Wolfgang Bauer, löst mit diesem Dokument alles auf.

news168 15Bild 8 (oben)

 

Teil 4
Welche Nachteile bringt eine Umsetzung der Empfangsfrequenz auf eine niedrige Zwischenfrequenz?
Dazu, wie verhalten sich Geräte bei Störungen durch den Empfang einer Spiegelfrequenz, mit einer ZF von 128 kHz im Vergleich zu denen mit 468 kHz
Wer den Teil 3 gelesen hat, wird oder muss sich fragen, warum macht man das nicht immer so?
Mit dieser Tabelle sowie den darauf folgenden Erläuterungen möchte ich zeigen warum das nicht so einfach zu realisieren ist.
Spiegelfrequenzen in den Modellen von Ingelen vor 1941
Um eine annähernde gleiche Bandbreite des (einfachen) Eingangskreises bei beiden Zwischenfrequenzen zu erreichen, darf die Spulengüte bei 128 kHz nur ein Drittel betragen, 150 kHz zu 50 kHz.

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Mit einer beliebigen Auswahl von Frequenzen im Mittelwellen- und Langwellenbereich wird die unterschiedliche Störfestigkeit der gewählten Empfangsfrequenzen, bedingt durch die sich ergebenden Spiegelfrequenzen, bei der niedrigen und hohen ZF-Frequenz von 128 kHz und 468 kHz aufgezeigt. Als Beispiel sei herausgegriffen Empfangsfrequenz = 510 kHz wird gestört durch Sender bei 766 kHz falls die ZF bei 128 kHz liegen würde. Die gleichen 510 kHz werden gestört durch Sender bei 1446 kHz falls die ZF bei 468 kHz liegt. Der Abstand Nutz- zu Störsender im ersten Fall = 256 kHz im zweiten Fall = 936 kHz. Das Verhältnis 936 zu 256 = 3,65. Eine im Fortgang wichtige Größe.
Gäbe es vor der Mischstufe keinerlei Selektion, wäre der Empfang auf den 510 kHz und den 766 kHz bzw. 1446 kHz gleich stark. So arbeiten z. B. Messempfänger ohne Vorselektion.
Hingegen gibt es bei Rundfunkempfängern den Vorkreis oder Antennenkreis, vor der Vor- oder Mischstufe, der die Trennung von Nutz- zu Störsender (Spiegelfrequenz) vornimmt.
Soll das, wie in vielen Modellen üblich, mit nur einem Schwingkreis gemacht werden, müsste dieser bei einer ZF von 128 kHz, wie oben berechnet, eine um den Faktor 3,65-fach höher Selektion aufweisen, im Vergleich zu einem Apparat mit einer ZF von 468 kHz.
Um diese Selektion zu erreichen müsste der Kreis im Fall ZF = 128 kHz sehr gut sein, was nicht der Realität entspräche, weil damit die Übertragungsbandbreite extrem reduziert wäre. Siehe Betrag der Güte in der Tabelle (vorige Seite) Bandbreite in Relation MW, LW / Güte. Die notwendig niedrige Spulengüte bedingt aber, dass die Weitab-Selektion mit der die Spiegelfrequenz unterdrückt werden soll, weit niedriger als die mit einer ZF mit 468 kHz ausfällt.
Ein Superhet mit einem Einzelkreis als Vorselektion und einer ZF von 128 KHz kann demnach nicht realisiert werden, weil dieser für die Praxis nicht tauglich wäre.
Wie hat nun Ingelen das gelöst?
Hier ein Ausschnitt vom Modell 537 W
Die Vorselektion besteht bei MW und LW aus zwei im Fußpunkt und im Kopf gekoppelten Kreisen, als Eingangsbandfilter bekannt:

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 news168 18Bild 9

Mit dieser schönen Grafik, kann man das anschaulich demonstrieren.

 news168 19Bild 10 Kurve (Termann) von Prof. D.Rudolph

 

Damit wird normiert gezeigt, die 3 dB Bandbreite ist beim Einzelkreis geringer als beim Bandfilter. Außerdem ist die Weitab-Selektion mit Bandfilter viel besser, welche ganz wichtig ist um die Spiegelfrequenz im Gerät zu minimieren oder die Störung durch diese auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.
Fakt ist damit: die +/- 3 dB Bandbreite und die Weitabselektion von zwei gekoppelten HF-Kreisen als Bandfilter ausgeführt ist größer bzw. besser als beim üblichen Einzelkreis.
Dass auch diese Technik nicht immer ausreichend gut war, kann man bei den Modellen 39 W, Columbus 38 W und 538 W erkennen. Aus einer mir exklusiv zugänglichen gemachten Firmenquelle kann man entnehmen, dass bei diesen Typen, mit einer aus Philips Modellen bekannten Technik, mit einem Trimmer [3] im mittleren oder oberen Mittelwellenbereich Störungen einer kurzwelligen Station zum Verschwinden gebracht werden können.

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Ausschnitt HF-Teil Modell US 538 W, im Gegensatz zu Abb.9 mit Einstelltrimmer „Spiegelfrequenz“ 

 

In der Serie Kolumbus, gab es in der Saison 35/36 vorweg ein Modell 26W.
Später in der Saison die Typen US 737 WG und US 837 WG
In der Einleitung dieses Artikels hatte ich den Begriff „Großsuper“ und Weltempfänger verwendet diese zwei Modelle sind in einer wesentlich aufwändigeren Schaltungstechnik ausgeführt. Nachdem hier das Thema Spiegelfrequenz besprochen wird, soll speziell nur dieses Detail in den Modellen 26W und 737/837 WG besprochen werden, welches zur Unterdrückung von Störungen durch die Spiegelfrequenz beiträgt.
Die gängigen Modelle US 437 W usw. haben im Eingangsteil bei MW und LW ein zweikreisiges HF-Bandfilter und darauf folgend die Mischstufe.
Die Modelle 26 W und US 737 WG und US 837 WG sind dagegen völlig anders konzipiert.
Wie von einem Großsuper oder Weltempfänger zu erwarten, sitzt vor der Mischstufe eine HF-Vorstufe, welche im Gitter- und Anodenkreis mit je einem Einzelkreis in allen 3 Wellenbereichen abgestimmt wird. Um jetzt auf die Qualität der Spiegelfrequenzunterdrückung zu kommen, kann nur mit Standard Antworten gedient werden, weil weder ein Modell oder Daten dazu hier vorliegen. Aber einfach übergehen macht aus wenig Sinn in einem Text zum Fabrikat Ingelen.
[3] Der Trimmer ist in Schaltbildern zwar vorhanden, seine spezielle Funktion aber nicht bezeichnet.
Unser Mitglied Prof. Dr. D. Rudolph, hat mir eine Grafik zur Verfügung gestellt, mit der man hantieren kann bzw. dazu das eigene Wissen einsetzen muss.
In dieser Grafik werden Kurven gezeigt, die in diversen Geographic-Modellen benutzt werden. Kurve II k das Bandfilter wie schon in Abb. 10 gezeigt, dazu die hier zu diskutierende Kurve II o.
Man erkennt sofort, die Weitabselektion um die es bei der Spiegelfrequenz ja geht, ist in der Darstellung IIo mit Abstand die Beste. Warum der Hinweis „in dieser Darstellung“?
Die Bandbreite der verwendeten Kreise vor der Mischstufe, die unter Anderem für den Musikgenuss mitverantwortlich zeichnen, sind im Vergleich zu einem üblichen Einzelkreis (Kurve I) in der (Kurve IIo) sehr viel schmäler. Außerdem noch viel schmäler im Vergleich zum Bandfilter der gängigen Geographic-Modelle.
Das Ziel kann also nicht Musikwiedergabe gewesen sein, sondern weltweiter Fernempfang. Was der Index „WG“ sagt ist hier unbekannt. Dabei ist das Vermeiden von Störungen durch Spiegelfrequenzen bei Weltempfang ebenso wichtig, wie bei den Standardmodellen bei Musik. Die um einiges geringere HF-Bandbreite wird im ZF-Teil mit einer sehr aufwändigen Bandbreitenregelung per Hand eingestellt und damit weitgehend kompensiert.
Mangels Radio und Daten müssen wir uns mit Fachwissen zufrieden geben.
Würde man die HF-Bandbreite auf das breitere Maß des Bandfilters bringen, läge die Weitabselektion irgendwo zwischen Einzelkreis und Bandfilter.
Bedenken Sie immer, es geht hier um einzuräumende Nachteile, die sich aus der Verwendung einer niedrigen ZF, hier 128 kHz, ergeben
Vor- und Nachteile der ZF-Baugruppen werden im Teil 4 nicht beachtet.

Bilder soweit nichts anderes vermerkt: Hans Michael Knoll

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Model:  Ingelen  Geographic 39W 

 

www.dasrundfunkmuseum.de
www.rundfunkmuseum-cham.de
https://www.youtube.com/watch?v=8cljp0xrVOs&t=45s
Wir empfehlen einen Besuch im Rundfunkmuseum in der Stadt Cham.
Es lohnt sich wirklich !

 

 

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